Kleine Proteine, große Wirkung
Wie Pilzproteine effizient Eis machen
Schnee und Hagel wird in Wolken gebildet, Pilze und andere Mikroorganismen gedeihen auf dem Boden. Doch dass beides zusammenhängen kann, indem Mikroben die Eisbildung in Wolken beeinflussen, wurde erst in den letzten Jahren näher untersucht. Forschende des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung um Konrad Meister haben nun genauer untersucht, wie Mikroben die Eisbildung auf molekularer Ebene bewerkstelligen und wie sie technologisch genutzt werden kann.
Wasser gefriert bei 0 Grad Celsius – so lernt man es in der Schule. Reines Wasser ohne Fremdkörper gefriert jedoch erst bei viel niedrigeren Temperaturen um -40 Grad Celsius. Erst sogenannte Kondensationskeime – wie z. B. Staub oder Schmutzpartikel – sorgen für höhere Gefriertemperaturen. Bestimmte biologische Stoffe, die sich in Pollen, Bakterien oder auch Pilzen finden, sind besonders effizient, was die Unterstützung einer solchen Eisbildung anbelangt. Die molekulare Grundlage und genauen Mechanismen solcher „Biologischer Eiskeime“ war jedoch bisher nur unzureichend verstanden.
„Wir haben uns einen Pilz der Gattung Fusarium angeschaut, der die Eisbildung besonders effizient antreibt“, so Konrad Meister, Professor an der Boise State University (USA) und Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz im Arbeitskreis von Mischa Bonn. Der Pilz ist ein weltweit bekannter Pflanzenschädling. Sporen können beispielsweise bis in die Atmosphäre steigen und dort mit speziellen eisnukleierenden Substanzen die Eisbildung ankurbeln.
Das internationale Forscherteam um Meister konnte nun nachweisen, was genau die Eisbildung ermöglicht und wie die eismachenden Substanzen aufgebaut sind. Sie konnten zeigen dass es sich um kleine Proteine handelt, welche sich ausserhalb des Pilzes zu größeren Proteinaggregaten zusammenlagern können. Diese Aggregate ermoeglichen dank ihrer Groesse das sehr effiziente Eismachen. Dies konnte von Meister und Kolleg:innen experimentell und nicht zuletzt auch mit theoretischen Berechnungen von amerikanischen Kolleg:innen um Prof. Valeria Molinero von der University of Utah bestätigt werden.
Laut Meister findet sich der Mechanismus, aus kleineren Bausteinen größere Aggregate zu bilden, nicht nur in Pilzen, sondern auch in anderen Organismen wieder. „Trotzdem waren wir überrascht von der kleinen Größe der Pilzproteinbausteine im Vergleich zu ihrer Effizienz“, betont Meister. „Andere bekannte und ähnlich effiziente eismachende Proteine aus anderen Organismen sind beispielsweise 25mal größer.“
Ein noch genaueres Verständnis der molekularen Mechanismen könnte helfen, solche effizienten Proteine auch künstlich herzustellen. Anwendungen wären z. B. die energieeffiziente Einfrierung von Lebensmitteln, artifizielles Erzeugen von Schnee oder biologische Wolkensaat.
Die Forschenden haben ihre Ergebnisse in der Zeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)“ veröffentlicht.