Geschichte des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung
Die kunststoffverarbeitende Industrie befand sich in den 1980er Jahren in einem bis dahin nicht gekannten Aufschwung. Hierdurch stieg der Bedarf der Industrie an Fachkräften mit Expertise im Bereich der Polymerwissenschaften. Über ein Drittel aller frisch promovierten Chemiker fanden daher ihre erste Anstellung in einem Betrieb, der einen engeren Bezug zu Herstellung, Modifikation oder Verarbeitung von Kunststoffen hatte. Jedoch hatten nur ca. 10% aller Hochschulabgänger eine für diesen Themenbereich relevante Ausbildung erfahren.
Die wissenschaftliche Gemeinschaft konstatierte das Fehlen einer kritischen Masse an Personen, die Deutschland in diesem aufstrebenden Forschungs- und Industriegebiet international konkurrenzfähig machen sowie im wissenschaftlichen Bereich eine Exzellenz in der Forschung aufbauen konnte. Dies wurde nochmals verstärkt durch die Umstrukturierung des Fritz-Haber Instituts in Berlin und der damit verbundenen Einstellung der Forschung im Bereich der Polymerwissenschaften. 1979 führte diese Situation dazu, dass der Wissenschaftsrat eine „Kommission zur Lage der Polymerforschung in der Bundesrepublik Deutschland“ einberief. Diese und viele folgende Sitzungen führten in ihrem Verlauf schlussendlich am 19.11.1982 zu einem Beschluss des Senats der Max-Planck-Gesellschaft, das „Max-Planck-Institut für Polymerforschung“ zu gründen.
Die Stadt Mainz konnte sich als Standort für das neu zu gründende Institut gegen die Städte Hamburg, Braunschweig, Bayreuth und Darmstadt durchsetzen, da hier die Möglichkeit bestand, ein eigenes Institutsgebäude in der Nachbarschaft des Campus der Johannes Gutenberg-Universität zu errichten. Des Weiteren existierten bereits starke Forschungsaktivitäten an der Universität in den Gebieten der Polymerchemie sowie -physik. Die Nähe zu großen industriellen Forschungszentren und die damit verbundenen Möglichkeiten der Kooperation unterstützten die Standortwahl nochmals.
Die Mission des neuen Instituts sollte sein, Forschung durchzuführen, um fundamentale Einsichten in die Eigenschaften von Polymermaterialien zu erhalten sowie deren Eignung zur Entwicklung von fortschrittlichen neuen Technologien zu überprüfen. Als Gründungsdirektoren wurden Prof. Erhard W. Fischer sowie Prof. Gerhard Wegner berufen, die ihrerseits bereits große Beiträge zur Gründung des Instituts geleistet hatten. Sie leiteten die ersten Arbeitskreise zu den Thematiken Chemie bzw. Physik der Polymermaterialien.
Im Jahr 1984 nahm schließlich das neue Institut die Forschung auf, damals noch in Übergangslaboratorien, die von der Universität Mainz bereitgestellt wurden. Gleichzeitig wurde Prof. Hans W. Spiess als weiterer Direktor berufen, um das Gebiet der Polymerspektroskopie aufzubauen.
Bereits 1985 begann man mit der Planung und Errichtung der ersten beiden Bauabschnitte des Institutsgebäudes am Rande des Geländes der Johannes Gutenberg-Universität. Am 10. März 1986 konnte dann das Institut feierlich eröffnet werden.
Ende 1989 wurde Prof. Klaus Müllen als Direktor berufen, im Jahr 1993 Prof. Wolfgang Knoll. Mit der Berufung von Prof. Kurt Kremer im Gebiet „Theorie der Polymere“ im Jahr 1995 komplettierte man die bei Institutsgründung geplante Anzahl von insgesamt sechs Arbeitskreisen.
Im Verlauf der Jahre hat sich das Institut sowohl personell als auch räumlich stark verändert: Die Mitarbeiterzahl ist inzwischen auf über 550 angestiegen, des Weiteren wurden mehrere Bauabschnitte hinzugefügt. Heute forschen die sechs Arbeitskreise von Prof. Paul Blom, Prof. Mischa Bonn, Prof. Hans-Jürgen Butt, Prof. Kurt Kremer, Prof. Katharina Landfester und Prof. Tanja Weil in kollaborierenden und interdisziplinären Projekten.
Daher wurden insgesamt sechs unterschiedliche Themengebiete identifiziert, die die kollaborierenden Forschungsaktivitäten der einzelnen Arbeitskreise ausrichten und lenken sollen. Diese Themengebiete sind:
- Defekt-Engineering
- Multiskalen-Herausforderungen
- Proteine an Grenzflächen
- Nichtgleichgewichts Phänomene in Weicher Materie
- Nanomaterialien in der Medizin sowie
- Wasser an Grenzflächen.