Femtosekundenspektroskopie – Mit ultrakurzen Laserpulsen den angeregten Zuständen auf der Spur
Forschungsbericht (importiert) 2008 - Max-Planck-Institut für Polymerforschung
Autoren
Laquai, Frédéric; Baluschev, Stanislav
Abteilungen
Optische Spektroskopie (Dr. Frédéric Laquai) MPI für Polymerforschung, Mainz
Zusammenfassung
Leitfähige organische Moleküle für elektronische Anwendungen wie organische Leuchtdioden, Solarzellen und Transistoren bieten interessante Vorteile gegenüber etablierten, auf Silizium basierenden Technologien. Um das Potenzial der organischen Materialien vollständig ausschöpfen zu können, müssen die Zusammenhänge zwischen Struktur und optischen / elektronischen Eigenschaften verstanden werden. Enorme Fortschritte in der optischen Spektroskopie mit gepulsten Lasern ermöglichen es heutzutage, die grundlegenden photophysikalischen Vorgänge bis in den Femtosekundenbereich zu verfolgen.
Kurz, kürzer, am kürzesten – Femtosekundenspektroskopie
Ultraschnelle Prozesse spielen bei vielen photophysikalischen Vorgängen eine grundlegende Rolle. Bei der Photosynthese kommt es zu ultraschnellen Energietransferprozessen zwischen den Chromophoren in Lichtsammelkomplexen, die Isomerisierung von Rhodopsin und damit die Grundlage des Sehens ist ein ultraschneller Prozess und intra- oder intermolekulare Elektronentransferprozesse in organischen Donor-Akzeptor-Systemen können auf einer Zeitskala von Femtosekunden ablaufen. Letztere ermöglichen eine Ladungstrennung in organischen Solarzellen, die sich den Elektronentransfer an der Grenzfläche zweier Materialien mit unterschiedlicher Elektronenaffinität zu Nutze machen. In der Selbständigen Nachwuchsgruppe von Frédéric Laquai werden diese ultraschnellen Energie- und Ladungstransferprozesse in kleinen organischen Molekülen und Polymeren untersucht, um in Kooperation mit organischen Chemikern neue, effizientere Materialien für die organische Elektronik herzustellen.
Links: Photo des Anregungs-Abfrage-Experiments im Labor eines Kooperationspartners (Universität Cambridge). Auf der Karte sind drei Laserstrahlen zu sehen, die aus einer Abfolge von Femtosekundenpulsen (1 kHz) bestehen. Der linke Strahl (Cyan, 488 nm) ist der Anregungspuls, die beiden anderen Strahlen (Weiß-gelb, 500 – 800 nm) sind die Weißlichtpulse (Superkontinuum). Die Probe besteht in diesem Fall aus einem konjugierten Polymer in Lösung (Küvette im Hintergrund). In der Probe überlappen der Anregungspuls und einer der Abfragepulse. Der Abfragepuls kann gegenüber der Anregung verzögert werden. Rechts: Zeitlich aufgelöste Anregungs-Abfrage-Spektren eines Perylendiimid-Farbstoffs in Lösung. Gut zu erkennen sind die Banden der stimulierten Emission (SE), die mit den Banden der Fluoreszenz übereinstimmen, und die Bande der photoinduzierten Absorption (PA) des Singulettzustandes bei 700 nm. Im Photolumineszenz-Experiment wäre nur die Fluoreszenz zu sehen, die photoinduzierte Absorption bliebe verborgen.
Links: Photo des Anregungs-Abfrage-Experiments im Labor eines Kooperationspartners (Universität Cambridge). Auf der Karte sind drei Laserstrahlen zu sehen, die aus einer Abfolge von Femtosekundenpulsen (1 kHz) bestehen. Der linke Strahl (Cyan, 488 nm) ist der Anregungspuls, die beiden anderen Strahlen (Weiß-gelb, 500 – 800 nm) sind die Weißlichtpulse (Superkontinuum). Die Probe besteht in diesem Fall aus einem konjugierten Polymer in Lösung (Küvette im Hintergrund). In der Probe überlappen der Anregungspuls und einer der Abfragepulse. Der Abfragepuls kann gegenüber der Anregung verzögert werden. Rechts: Zeitlich aufgelöste Anregungs-Abfrage-Spektren eines Perylendiimid-Farbstoffs in Lösung. Gut zu erkennen sind die Banden der stimulierten Emission (SE), die mit den Banden der Fluoreszenz übereinstimmen, und die Bande der photoinduzierten Absorption (PA) des Singulettzustandes bei 700 nm. Im Photolumineszenz-Experiment wäre nur die Fluoreszenz zu sehen, die photoinduzierte Absorption bliebe verborgen.
Die Femtosekundenspektroskopie ermöglicht es dabei, ultraschnelle Prozesse zeitaufgelöst zu messen, indem die Absorption der angeregten Zustände verfolgt wird. Bei der sogenannten Anregungs-Abfrage-Spektroskopie (engl. pump-probe) wird die Probe mit einem Femtosekundenpuls (<100 fs) angeregt, dann mit einem zweiten Puls nach einer definierten Verzögerungszeit die Transmission der Probe gemessen und mit der Transmission ohne vorherige Anregung verglichen (Abb. 1). Die Verzögerung zwischen Anregungs- und Abfragepuls wird erzeugt, indem der Abfragepuls auf dem optischen Tisch einen längeren Weg zurücklegt. Besonders effektiv wird diese Art der Spektroskopie, wenn der Abfragepuls aus einem Weißlichtkontinuum (Superkontinuum-Laserpuls) besteht, also spektral möglichst breit ist, da dann sozusagen mit einem Schuss das gesamte Spektrum gemessen werden kann. Fortschritte im Bereich der Superkontinuum-Erzeugung und -Verstärkung haben in den letzten Jahren dazu beigetragen, dass diese Art der Spektroskopie zunehmende Verbreitung erfährt.
Verstärkte spontane Emission von Polymeren – Auf dem Weg zum Plastiklaser
Ein interessantes Beispiel für einen ultraschnellen Prozess in konjugierten Polymeren, der mittels Femtosekundenspektroskopie untersucht wurde, ist die so genannte verstärkte Spontanemission (engl. amplified spontaneous emission, ASE). Diese kann auftreten, wenn das aktive organische Material in einer Wellenleiterstruktur präpariert wird und nach der optischen Anregung die spontane Emission von Photonen weitere angeregte Zustände zur Emission stimuliert. Dieser Prozess läuft nahezu vollständig innerhalb einer Pikosekunde ab. Prinzipiell lässt sich mit organischen Materialien somit bei geeigneter Rückkopplung auch ein Laser realisieren.
Links: Pump-Probe-Spektren eines Leiterpolymeren mit niedriger Schwelle für verstärkte Spontanemission (ASE). Die Bereiche der stimulierten Emission (SE) und photoinduzierten Absorption (PA) sind deutlich getrennt. Bei 575 nm löschen sich SE und PA gerade aus, es existiert ein isosbestischer Punkt. Rechts: Pump-Probe-Spektren eines Stufenleiterpolymeren mit hoher ASE-Schwelle. Stimulierte Emission und photoinduzierte Absorption überlappen deutlich.
Links: Pump-Probe-Spektren eines Leiterpolymeren mit niedriger Schwelle für verstärkte Spontanemission (ASE). Die Bereiche der stimulierten Emission (SE) und photoinduzierten Absorption (PA) sind deutlich getrennt. Bei 575 nm löschen sich SE und PA gerade aus, es existiert ein isosbestischer Punkt. Rechts: Pump-Probe-Spektren eines Stufenleiterpolymeren mit hoher ASE-Schwelle. Stimulierte Emission und photoinduzierte Absorption überlappen deutlich.
In der Gruppe von Klaus Müllen wurde eine Reihe von Leiterpolymeren entwickelt, die als aktive Materialien für Lasing in Frage kommen [1, 2]. Die Schwelle, ab der verstärkte Spontanemission auftritt, variiert zwischen den Materialien um Größenordnungen, obwohl die Polymere strukturell ähnlich sind. Mithilfe der ultraschnellen Anregungs-Abfrage-Spektroskopie konnte die Ursache geklärt werden. In Materialien mit einem hohen Schwellenwert überlappen stimulierte Emission und photoinduzierte Absorption (siehe Abb. 2) [3]. Die Folge: Ein Teil der Photonen, die eigentlich zur Verstärkung beitragen sollen, geht verloren. Bereits ein schwacher Überlapp der beiden Bereiche hat einen signifikanten Einfluss auf den Schwellenwert für verstärkte Spontanemission. Neue Materialien, die aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse zurzeit entwickelt werden, sollen dieses Problem beseitigen und den Weg für einen Plastiklaser frei machen.
Eines der weiteren Forschungsgebiete der Nachwuchsgruppe von Frédéric Laquai sind Verlustprozesse in organischen Solarzellen, die die Effizienz limitieren und somit einen Durchbruch der Technologie bislang verhindern. Neben den ultraschnellen Elektronentransferprozessen spielen hier auch langsamere Ladungsrekombinationsprozesse eine große Rolle. Das Ziel der momentanen Arbeiten: Neue Materialsysteme mit neuen experimentellen Methoden der zeitaufgelösten Spektroskopie untersuchen, um so alle beteiligten Prozesse verstehen zu können und effizientere Materialien zu entwickeln.
Aus Rot mach Grün – Aufkonversion des Sonnenlichtspektrums
Organische Solarzellen haben im Vergleich zu Solarzellen aus Silizium einen großen Nachteil. Nur ein begrenzter Teil des sichtbaren Sonnenlichts wird von organischen Materialien absorbiert, der rote und infrarote Anteil bleibt weitgehend ungenutzt. Um auch diesen Anteil nutzen zu können, werden am Max-Planck-Institut für Polymerforschung (MPIP) in der Gruppe von Klaus Müllen Materialien mit Absorptionen bis in den infraroten Spektralbereich synthetisiert und erfolgreich in organischen Solarzellen getestet. Ein weiterer Ansatz diese niederenergetischen Photonen zu nutzen wird von Stanislav Baluschev am MPIP verfolgt und als Aufkonversion bezeichnet. Dabei wird eine Kombination eines Sensibilisators und eines Farbstoffs eingesetzt, deren Energieniveaus so aufeinander abgestimmt sind, dass der Sensibilisator beispielsweise grünes Licht absorbiert und danach einen Teil seiner langlebigen angeregten Zustände auf den Farbstoff überträgt. Treffen zwei derart aktivierte Farbstoffmoleküle aufeinander, so bildet sich in einem der Moleküle ein fluoreszierender Zustand höherer Energie, der dann blaues Licht emittiert. Somit hat eine Aufkonversion von zwei grünen Photonen in ein blaues Photon stattgefunden [4]. Der Vorteil der Aufkonversion mit organischen Molekülen: Im Gegensatz zu den bisher verwendeten Prozessen funktioniert die Aufkonversion bei sehr viel geringeren Lichtintensitäten (mW/cm2) und auch mit natürlichen, nicht-kohärenten Lichtquellen. Die Aufkonversion des Sonnenlichts mit Sensibilisator-Farbstoff-Systemen ist daher ideal für organische Solarzellen geeignet. Die intensive Forschung in den letzten Jahren hat darüber hinaus gezeigt, dass dieser Prozess auch effizient mit rotem und infrarotem Licht funktioniert [5], gerade dem Teil des Sonnenlichts, der von den meisten organischen Materialien nicht genutzt werden kann (Abb. 3).
(a) Schematische Darstellung einer organischen Solarzelle mit Aufkonverter und Down-Shifter, um nicht genutztes Sonnenlicht umzuwandeln. (b) Spektrum des Sonnenlichts (grau). Die schlecht genutzten kurzwelligen Bereiche werden durch den Farbstoff (Down-Shifter, blauer Pfeil) und die langwelligen Bereiche durch den Aufkonverter (roter Pfeil) in nutzbares Licht umgewandelt. (c) Photo einer organischen Solarzelle mit Aufkonverter. (d) Strom-Spannungs-Charakteristik der organischen Solarzelle ohne Aufkonverter (schwarze Punkte), mit Aufkonverter und Laseranregung (blaue Punkte) und Aufkonverter mit Sonnenlichtanregung (orangefarbener Stern). Das Anregungslicht war entweder ein roter Laser (λ=635 nm) mit einer Intensität von 100 mWcm-2 oder ein Teil des solaren Spektrums mit einer Breite von ca. Δλ~30 nm und einem Intensitätsmaximum bei λ=624 nm.
(a) Schematische Darstellung einer organischen Solarzelle mit Aufkonverter und Down-Shifter, um nicht genutztes Sonnenlicht umzuwandeln. (b) Spektrum des Sonnenlichts (grau). Die schlecht genutzten kurzwelligen Bereiche werden durch den Farbstoff (Down-Shifter, blauer Pfeil) und die langwelligen Bereiche durch den Aufkonverter (roter Pfeil) in nutzbares Licht umgewandelt. (c) Photo einer organischen Solarzelle mit Aufkonverter. (d) Strom-Spannungs-Charakteristik der organischen Solarzelle ohne Aufkonverter (schwarze Punkte), mit Aufkonverter und Laseranregung (blaue Punkte) und Aufkonverter mit Sonnenlichtanregung (orangefarbener Stern). Das Anregungslicht war entweder ein roter Laser (λ=635 nm) mit einer Intensität von 100 mWcm-2 oder ein Teil des solaren Spektrums mit einer Breite von ca. Δλ~30 nm und einem Intensitätsmaximum bei λ=624 nm.
Neben der Aufkonversion des roten Anteils des solaren Spektrums hat diese Technik auch noch weitere interessante Anwendungen. Dank der gemeinsamen Anstrengungen der Wissenschaftler am MPIP und bei Sony Deutschland wurden mittlerweile mit organischen Aufkonvertern Displays demonstriert, die mit einem unsichtbaren (infraroten) Laser angeregt ein sichtbares Bild erzeugen [6]. Je nach Wahl des Farbstoffes lassen sich auch unterschiedliche Farben erzeugen, wie in Abbildung 4 gezeigt ist. Quanteneffizienzen bei der Umwandlung von längerwelligem in kurzwelliges Licht von über 4 % sind möglich. Weitere Untersuchungen sollen zeigen, welche Anwendungen mit nicht-kohärenter Aufkonversion mit organischen Molekülen noch möglich sind.
(a) Anregungsschema eines 2D-Aufkonversionsdisplays. Untere Reihe: Photos eines funktionsfähigen 6x6 cm großen Aufkonversions-Displays bei Tageslicht. (b) blau: Palladium-tetrabenzoporphyrin / Perylen; (c) grün: Palladium-tetrabenzoporphyrin / bis(phenyl-ethynylene)anthracen; (d) gelb: Palladium-tetrabenzoporphyrin / Rubren. Mittlere Anregungsintensität weniger als 25 mWcm-2 bei λ= 635 nm. Anregungsfrequenz − 8 kHz, ohne zusätzliche Filter.